Wie viel Blei steckt in Wasser, Boden und angebauten Nahrungsmitteln?
Ein Bericht aus der Mühlengasse in Kommern
WDR | 17.03.2021 Link Mechernich und die Bleibelastung
Wir sind 2016 nach Kommern gezogen. Erst wussten wir gar nichts von der Bleibelastung im Raum Mechernich. Das änderte sich aufgrund der öffentlichen Diskussion rund um die Neubaugebiete, so dass wir bald eigene Boden- und Nahrungsmittelanalysen in Auftrag gaben. Schließlich weiß man erst wieviel Blei worin steckt, wenn die eigenen Proben untersucht wurden.
Welche Werte sich daraus ergaben und wo ihr eure Proben einschicken könnt, erfahrt ihr in diesem Erfahrungsbericht.
Wasser-Analyse vom Bleibach, Brunnen und Leitungswasser
Kurz nach dem Einzug wollten wir wissen, ob das Leitungswasser im Haus bedenkenlos trinkbar ist. Leitungswasser gehört zu den am besten kontrolliertesten Lebensmitteln – dementsprechend bestand kaum ein Zweifel an der Wasserqualität. Aber wir wussten nicht ob etwa die Leitungen im Haus das Wasser verunreinigen.
Zusätzlich wollten wir wissen, ob das Wasser aus unserem Brunnen zum Gießen verwendet werden kann. Auch fragten wir uns, in wie weit der Bleibach am Ende des Grundstücks seinem Namen Ehre erweist und ob es eine Option ist die Kinder dort spielen zu lassen.
Die Ergebnisse
Das Leitungswasser ist nicht zu beanstanden – soweit nicht überraschend. Dass der Brunnen allerdings bleihaltiger ist als der Bleibach selbst, haben wir nicht kommen sehen. Entsprechend verwenden wir weder das Brunnenwasser, noch das Bachwasser zur Bewässerung des Gartens.
Probe | Bleibelastung Mikrogramm (μg) pro Liter | Grenzwert |
Leitungswasser | Nicht messbar: < 3 μg/L | 10 μg/L (1) |
Brunnen | 27,7 μg/L | – |
Bleibach | 17,2 μg/L | 14 μg/L (2) |
(1) Grenzwert nach der deutschen Trinkwasserverordnung sowie der WHO
Die zugehörigen Analyse-Dokumente stehen am Ende der Seite zum Download bereit.
(2) Höchstkonzentration für Fließgewässer und Seen – Bundesumweltamtes Gewässer in Deutschland: Zustand und Bewertung
Bodenproben im Garten und am Bleibach
Dank des Bürgerbegehrens rund um die Bodenbelastungen im Raum Mechernich haben auch wir irgendwann mitbekommen, dass es ein Problem gibt. Wie das immer so ist, brauchte es eine Weile, bis wir das Thema auch für uns ernst genommen haben. Im August 2019 haben wir dann eigene Proben eingeschickt.
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits Boden ausgehoben ohne über die Bleistaub-Belastung nachzudenken sowie eigenes Gemüse angebaut und verzehrt.
Drei Proben schickten wir ein: aus dem Teil des Gartens in dem wir uns überwiegend aufhalten, direkt vom Bleibach-Ufer am Ende des Grundstücks und vom Waldspielplatz, wo unsere Kinder in den Kindergarten gehen.
Die Ergebnisse
Es war damit zu rechnen, dass unser Boden belastet ist und dass es eine Differenz zwischen Garten und Bleibach-Ufer gibt. Die Werte entsprechen den über den Bürgerbrief verbreiteten Informationen, wonach im Bereich der Mühlengasse Werte bis zu 10.000 mg/kg gemessen wurden. Die Hoffnung, dass die Belastung in unserem Garten vielleicht doch niedriger ausfallen würde, war nun offiziell verpufft.
Im darauf folgenden Frühling begannen wir mit dem Bau von Hochbeeten, um dennoch eigenes Gemüse ziehen zu können. Nach und nach werden wir die nicht begrünten Schattenflächen im Garten frei schneiden und bepflanzen. Wo eine Bepflanzung nicht möglich ist und die Kinder spielen, werden wir den Boden austauschen oder Hackschnitzel verteilen.
Ein kompletter Austausch des Bodens ist aufgrund der Erdmenge nicht zu bewältigen. Durch die oben genannten Maßnahmen haben wir aber den Eindruck, die gesundheitlichen Risiken auf ein Minimum reduzieren zu können.
Die Waldspielplatz-Probe war natürlich erfreulich, da sie deutlich unter dem Grenzwert liegt. Allerdings gab es in der Zwischenzeit in anderen Teilen des Waldes rund um Mechernich-Nord weitere Messungen, die Werte von über 500 mg/kg ergaben. Diese Probe kann also nicht auf den gesamten Wald im Umkreis übertragen werden.
Probe | Bleibelastung Milligramm pro Kilo Boden | Prüfwert Blei* |
Garten | 2.280 mg/kg | 200 mg/kg |
Bleibach-Ufer | 8.010 mg/kg | 200 mg/kg |
Waldspielplatz | 77,4 mg/kg | 200 mg/kg |
*Der Prüfwert 200mg/kg gilt für Kinderspielflächen ( BBodSchV ) und fordert bei Überschreiten weitere Detailuntersuchung über die Resorptionsverfügbarkeit ( siehe zur Erklärung LANUV Arbeitsblatt 22, Seite 32 ) .
Die zugehörigen Analyse-Dokumente stehen am Ende der Seite zum Download bereit.
Wieviel Blei steckt in unseren selbst angebauten Lebensmitteln?
Diese Frage wurde relevant, als wir im Februar 2020 Hühner von
Rettet das Huhn aufnahmen. Gemüse lässt sich in Hochbeeten anbauen – die Hühner laufen allerdings frei im Garten herum, scharren permanent in dem bleibelasteten Boden und nehmen Staubbäder. Die aufkeimende Frage lautete also: wird sich das Blei aus dem Boden in den Eiern anreichern, die wir dann verzehren?
Im Beiblatt des Bürgerbriefs vom September 2020 stand, dass bei einer Bodenbelastung von 750 – 1.500 mg/kg nicht mit der Anreicherung von Blei in Hühnereiern zu rechnen sei. Aber auch das weiß man natürlich nur genau, wenn die eigenen Eier untersucht werden. Und in diesem Zuge haben wir gleich weitere Lebensmittelproben eingeschickt.
Die Ergebnisse
Wir haben die Eier acht Monate nach der Aufnahme der Hühner eingeschickt. Dass sich in diesem kurzen Zeitraum eine solche Bleibelastung nachweisen lässt, überraschte uns. Das war es dann mit dem Verzehr von frischen Eiern aus dem eigenen Garten.
Die Bleibelastung vom Rhabarber war abzusehen. Der wächst bei uns noch außerhalb vom Hochbeet im Garten. Wir waren nur neugierig wie viel Blei nachweisbar sein würde. Je nach Liste gilt er als mäßig bis stark bleianreichernd. Dementsprechend verwundert die Grenzwertüberschreitung um den Faktor 10 nicht.
Beeren und Äpfel gelten in diesen Listen tendenziell als unbedenklich. Aber einen Restzweifel hatten wir. Umso besser, dass in beiden Proben kein Blei nachgewiesen werden konnte.
Probe | Bleibelastung Milligramm pro Kilo | Grenzwert |
Eier | 0,39 mg/kg | 0,25 mg/kg (*) |
Rhabarber | 1,07 mg/kg | 0,1 mg/kg |
Himbeeren | Nicht messbar: < 0,05 mg/kg | 0,2 mg/kg |
Äpfel | Nicht messbar: < 0,05 mg/kg | 0,1 mg/kg |
Grenzwerte nach VERORDNUNG (EG) Nr. 1881/2006
(siehe auch Aktualisierung vom 25. Juni 2015)
* Ein Grenzwert für Eier ist der Verordnung 1881/2006 nicht zu entnehmen. Der hier genannte Grenzwert stammt von der Webseite des KATALYSE Instituts.
Die zugehörigen Analyse-Dokumente stehen am Ende der Seite zum Download bereit.
Wo kann ich meine Proben einschicken und was kostet das?
Wer selbst die Schwermetall-Belastung im eigenen Garten überprüfen lassen möchte, hat viele Möglichkeiten. Wir haben mit den nachfolgenden Anbietern gute Erfahrungen gemacht. Es gibt natürlich noch zahlreiche andere Anbieter, die über eine Internet-Recherche schnell ausfindig gemacht werden können. Zumindest für die Untersuchung von Wasser- und Bodenproben. Labore für Lebensmittel analysieren allerdings oft nur große Mengen. Das von uns genutzte Labor, das auch kleine Mengen testet, haben wir über
diesen Blogartikel gefunden.
Die Kosten für einzelne Proben halten sich im Rahmen. Das summiert sich natürlich, sobald nicht nur eine, sondern mehrere Proben eingeschickt werden. Hier und da kann gespart werden, wenn wirklich nur auf Blei untersucht wird und nicht etwa noch auf Cadmium oder andere Schwermetalle.
Probentyp | Anbieter | Webseite | Kosten pro Probe |
Wasser | InLabo | www.inlabo.de | 60€ – 90€ Es gibt unterschiedliche Pakete – Trinkwasser ist bspw. teurer als Naturwasser. |
Boden | Reblu GmbH | www.bodenanalyse-zentrum.de | 49 € |
Lebensmittel | NSF International | www.nsfinternational.eu/de/ | 48€ Wird auch auf Cadmium getestet, sind es noch mal gut 20€ mehr. |
Fazit
Mit Blei ist nicht zu spaßen. Es gibt „keine Wirkungsschwelle, unterhalb derer gesundheitliche Schädigungen für den Menschen sicher ausgeschlossen werden können” ( EFSA). Dementsprechend möchten wir euch mit diesen Erkenntnissen ermutigen die Bleibelastung rund um Mechernich ernst zu nehmen. Gerade für (ungeborene) Kinder ist die Aufnahme von Blei toxisch.
Mit einfachen Maßnahmen lässt sich das gesundheitliche Risiko auf ein Minimum reduzieren. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wir uns objektiv mit diesem Thema auseinandersetzen und tun was notwendig ist, um uns und andere zu schützen.
Eine Bitte: Teilt dieses Wissen mit möglichst vielen Menschen. Wir haben schon von langjährigen Ortsbewohnern gehört, die das Bachwasser nutzen und ihr Gemüse auf den belastetem Boden ziehen.
Leitet diese Informationen weiter, damit sich alle ihr eigenes Bild machen und verantwortungsvoll handeln können.
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